Die Brennnessel

Wenn man heute so in die Gärten und Grundstücke sieht, ist die Brennnessel weitgehend aus dem privaten Raum verdrängt worden. Nur auf den Fluren in freier Natur, bei sehr naturbewussten Menschen oder bei alten Bauernhöfen kann man sie noch finden. Dabei ist die Brennnessel die Köinigin der Heilpflanzen. Das ist auch der Grund, warum sie in meinem Praxislogo zu finden ist.

Die Brennnessel liebt stickstoffhaltige Böden, darum findet man sie in der freien Natur häufig auf ehemaligen Siedlungsgebieten von vorangegangenen Menschen. Urtica, wie ihr botanischer Name lautet, ist an und für sich recht anspruchslos und ist fast auf der ganzen Welt zu finden. Es gibt verschiedene Unterarten, bei uns gibt es Urtica urens, die kleine Brennnessel und Urtica dioica, die große Brennnessel als heimische Arten.

Die wehrhaft Pflanze, deren lateinischer Name sich vom lateinischen „brennen“ ableitet, ist eine wichtige Pflanze fĂĽr die Tierwelt. So brauchen diverse Schmetterlinge, wie das Pfauenauge oder der Admiral, sie zur Eiablage. Auch fĂĽr den Menschen ist die Nessel durch die Jahrtausende eine groĂźe Nutzpflanze gewesen. Egal ob als Färbe-, Futter, DĂĽnge-, Stoff-, Nahrungs-, oder Heilpflanze, die Donnernessel, wie sie auch genannt wurde, fand ihre Verwendung in allen Belangen des Alltags und half selbst gegen Blitz, Donner und böse Mächte.

FĂĽr Hildegard von Bingen muss die Verwendung der Brennnessel also eine völlig geläufige Sache gewesen sein und doch hatte sie noch einen ganz speziellen Blick auf die Pflanze, die den weiteren Namen „Hanfnessel“ trägt.

Sowohl in ihrer „Physica“ als auch in „Causae et curae“ fand die Nesselpflanze Eingang und wird beispielsweise in Zusammenhang mit einem Diptam-Rezept fĂĽr erschlaffte Körperglieder erwähnt.

Laut ihren Aufzeichnungen wendet die Ă„btissin die Pflanze an  Wenn WĂĽrmer im Menschen wachsen“.

Hildegard gab auch noch weitere Einsatzgebiete fĂĽr Urtica, wie sie die Brennnessel damals nannte, an und sie wies auch deutlich darauf hin, dass sie vor ihrer Verwendung gekocht werden mĂĽsse.

So notierte sie:

„Die Brennnessel ist in ihrer Art sehr warm. In keiner Weise nĂĽtzt es, dass sie roh gegessen wird. Aber wenn sie frisch aus der Erde sprieĂźt, ist sie gekocht nĂĽtzlich fĂĽr die Speisen der Menschen, weil sie den Magen reinigt und den Schleim aus ihm wegnimmt.“

Bereits fĂĽr Hippokrates war die Brennnessel die wichtigste Pflanze fĂĽr die Blutreinigung und man kann davon ausgehen, dass hierin die Ursache fĂĽr die     – ĂĽber einige Stoffwechselprozesse hinweg –  „magenentschleimende“ Wirkung liegen kann.

Heute wissen wir Folgendes:

Die BauchspeicheldrĂĽse profitiert von Urtica ganauso wie die Leber, die Galle, der Magen, der Darm, die Nieren und selbst die Prostata.

Ein zuviel an Harnsäure wird ausgeschieden, so finden Gicht- und Rheumakranke mögliche Erleichterung. Der Blutzuckerspiegel von Patienten mit Diabetes 2 verbessert sich, Durchfallleiden werden positiv beeinflusst. Die Blutbildung wird gefördert, stillende Frauen können mit Brennnesseltee den Milchfluss steigern. Die Haare werden schöner, die Kopfhaut bei entsprechender Anwendung gesĂĽnder und die Samen fördern sogar die Libido bei Mann und Frau.  Diese Indikation hat die heilige Hildegard offenbar lieber fĂĽr sich behalten…. 

Warum genau die Brennnessel wirkt, ist im Hinblick auf ihre großartige Heilwirkung noch nicht vollständig geklärt. Da sie zahlreiche Inhaltsstoffe in sich birgt, geht man davon aus, dass die verschiedenen Effekte durch die spezifischen Wrikstoffkombinationen zustande kommen. Immerhin hat die Brennnessel eine Vielzahl von Inhaltsstoffen: Magnesium, Eisen, Kalium, Silizium, Natrium, Enzyme, Chlorogensäure, Ameisensäure, Kieselsäure, Histamin,Vitamin B, Hormone, Chlorophylle usw.

Achtung: Herz- und Nierenkranke müssen eine Brennnesselkur wegen der entwässernden Wirkung zuvor mit einem Mediziner abklären!

Doch sehen wir mal, was Hildegard noch ĂĽber die Brennnessel zu sagen wusste:

“ Wenn ein Mensch gegen seinen Willen vergesslich ist, der nehme Brennnessel und zerstöße sie bis zum saftigwerden und setze dem eine mäßige Menge Olivenöl zu und wenn er schlafen geht soll er damit die Brust und beide Schläfen einsalben. Er soll das oft machen und die Vergesslichkeit in ihm nimmt ab.“

Abgesehen davon, dass es interessant ist, in willentliche und unwillentliche Vergesslichkeit zu unterscheiden, lässt sich vermuten, dass diese Anwendung in Zusammenhang mit der durchblutungsfördernden Wirkung der Brennnessel steht.

Die hohe Bioverfügbarkeit des enthaltenen Eisens fördert die Sauerstoffversorgung des Blutes und bringt Kraft hinein. Das kann dazu beitragen, eine bessere Merkfähigkeit zu erlangen und wenn man bedenkt, dass mit dem Vitamin B die Nerven, im ganz körperlichen Sinn, gestärkt werden, ist diese Nutzung nicht verwunderlich. Es ist allerdings ganz erstaunlich, dass die Nonne Hildegard vor einem Jahrtausend diese Wirkung erdacht, beobachtet und niedergeschrieben hat, ganz ohne Laboranalysen.

 

Mit der Brennnessel, ihren Anwendungen durch die Jahrhunderte bis ins Heute hinein lieĂźe sich ein ganzes Buch fĂĽllen. Wer sich ernsthaft dafĂĽr interessiert, findet sicher genĂĽgend gute BĂĽcher im Fachhandel. Persönlich möchte ich an dieser Stelle das Buch “ Die Kräuter in meinem Garten“ empfehlen. Das steht, gemeinsam mit vielen andern KräuterbĂĽchern, in meinem BĂĽcherschrank.

Auch wenn die Brennnessel jedem Kind bekannt sein dĂĽrfte, gilt beim Sammeln wie immer:

Jeder sammelt nur was er kennt und verwendet es in eigener Verantwortung!!!

 

 

                   „Gott kann nicht geschaut werden sondern wird durch die Schöpfung erkannt“

             Hildegard von Bingen

 

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